Drei Werke, die sich alle auf die Stadt Canudos beziehen, aber mit den LeserInnen trotzdem um die Welt reisen.
Wenn unter großer Literatur u.a. verstanden werden kann, dass sie über Regionen steht und derart zeitlos ist, dass sie zu allen Zeiten berührt, dann zählt das Werk Krieg im Sertão (Suhrkamp, Berlin 2013, 783 Seiten, € 30,80) des brasilianischen Autors Euclides da Cunha sicher dazu.
1897 erlebte er die letzten drei Wochen des Gemetzels in der Stadt Canudos im von Armut geprägten Nordosten Brasiliens mit. Regierungstruppen schlugen Aufstände der BewohnerInnen unter der Führung eines Predigers nieder.
Dem Roman über sechs Jahre Krieg im Sertão stellt er zwei Sachkapitel voran: „Das Land“ und „Der Mensch“.
Jorge Amado, einer der bedeutendsten Schriftsteller Lateinamerikas, sagte, es sei das am wenigsten gelesene, aber meistdiskutierte Buch Brasiliens.
Der peruanische Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa hat „Krieg im Sertão“ nicht nur gelesen, sondern regelrecht studiert. In seinem lesenswerten Roman Der Krieg am Ende der Welt (Suhrkamp, Berlin 1987, 736 Seiten, € 14,40) stellt er Cunha selbst in den Mittelpunkt des Geschehens. Er sieht in ihm sowohl einen großen Literaten als auch einen integren Abenteurer, der durch das Erlebte auf der Seite der Bevölkerung stehend, zu einem Sprachrohr der leidenden Unterdrückten in ganz Lateinamerika wird.
Ob der Georgier Guram Dotschanaschwili die Geschichte des Krieges im Sertão durch Vargas Llosas oder da Cunhas Werk kennengelernt hat, ist unklar. zwölf Jahre, bis 1978, schrieb er an seinem ebenso umfangreichen Roman Das erste Gewand (Hanser, München 2018, 691 Seiten, € 32,90), der an den magischen Realismus Lateinamerikas erinnert.
Darin schickt er seinen Protagonisten Domenico in jedem Kapitel an einen anderen Ort, wo er ihn unterschiedliche Seiten und Abgründe der Menschen erleben lässt. Im vorletzten Kapitel findet er sich in der Schlacht um Canudos wieder, bevor er in „Berghoch“ schließlich heimkehren darf.